Presse | Rheinische Post vom 05. Juni 2002


Karate-Technik? Kein Problem!
Aber bei der geistigen Komponente tun sich viele schwer

Hiura weltweit die Nummer 1


von Tino Hermanns

In seinem Heimatland Japan wird er auf offener Straße erkannt. Vor kurzem lief nämlich eine Sendung über ihn im Fernsehen. Dafür war ein Kamerateam 14 Tage in Düsseldorf und begleitete Shihan Hiura täglich. Nun ist das Leben eines Japaners in Düsseldorf im Grunde nichts Besonderes, beherbergt die Landeshauptstadt doch die größte japanische Kolonie außerhalb Asiens. Doch Hiura ist Meister einer Kunst, die außer ihm weltweit niemand mehr so gut beherrscht. Der 55-Jährige trägt den 8. Dan (von 10) im Inyo Ryu-Karate.

Zusätzlich besitzt er noch den 6. Dan im Kobudo. Im Gegensatz zum "Weg der leeren Hand" (Karate) werden im Kobudo landwirtschaftliche Gegenstände (u.a. Sicheln, Hacke, Pferdetrense) und Fischerei-Utensilien (Bootsruder) als Nahkampfwaffe umfunktioniert.

Seit 1974 lebt Hiura in Düsseldorf und lehrt vornehmlich europäischen Schülern die Kampfkünste. "Die Techniken lernen die Europäer sehr schnell. Die Traditionen, die geistige Komponente und die Philosophie, die dahinter steckt, lernen sie sehr langsam. Zum Karate und Kobudo gehört aber beides", erklärt der gebürtige Kyoter.

Als er nach Düsseldorf kam, hatte er bereits eine komplette Sportkarriere hinter sich. Als Rugbyspieler wurde er in die japanische Nationalmannschaft berufen. "Aber ich habe Ärger mit dem Trainer gehabt und deshalb mit Rugby aufgehört", erinnert sich Hiura. Mit 19 Jahren, zu Zeiten seines BWL-Studiums, fing er mit Karate an. "Damals gab es nur ganz wenige Karate-Schulen. Und die, die es gab, waren nicht immer gut organisiert", so der Kampfkunst-Meister. Richtig gelernt hat er die Inyo-Ryu-Stilrichtung ab seinem 21. Lebensjahr beim Gründer und Großmeister Hirayama persönlich. Er trainierte täglich, holte sich bei diversen Bruchtests immer wieder blutige Fingerknöchel. Dennoch wechselte er von der Betriebswirtschaft zum Karate-Lehrer. "Ich hatte eben keine Lust, den ganzen Tag lang nur irgendwelche Zahlen zu addieren."

Bereut hat er diesen Schritt nie. Als Wettkämpfer war er mehrfach japanischer Meister. "Die Urkunde dafür muss noch irgendwo im Keller liegen", erzählt er. Als Lehrer bereiste er die Welt. Als Organisator baute er den Okinawa-Kobudo Verband Deutschland und den Inyo Ryu Karate Verein in Düsseldorf auf, dessen Vorsitzender und Trainer er ist. Zusätzlich ist Hiura auch offizielles Europa-Oberhaupt des Inyo Ryu Karates. "Wenn zum Beispiel jemand in Griechenland eine Inyo Ryu-Schule aufmachen möchte, muss er zuerst mich fragen. Ich überprüfe seine Angaben. Die endgültige Entscheidung fällt Großmeister Hirayama."

Beim Kobudo ist der Vater zweier Kinder "nur" die Nummer zwei in Europa. Shihan Zenei Oshiro aus Paris besitzt den 7. Dan. Wenn es geht, trainieren die beiden aber zusammen.

Für Sensei Hiura steht in seinem Tun und seiner Lehre der Respekt vor dem anderen im Vordergrund. Aggressive Handlungen werden nicht geduldet. Karate und Kobudo sind Verteidigungssportarten. Wer lernen will, jemanden "umzuhauen", ist also bei Hiura völlig fehl am Platze.

aus der Rheinischen Post vom 05.06.2002

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